Homeschooling Part 2 - Tag 49

 Man ist auf der Suche nach der Moral. Nach dem Elan, das alles schon irgendwie zu schaukeln. Bald, bald ist ja hoffentlich alles vorbei, dachten wir im letzten Jahr. Ein Jahr bis zum Impfstoff? Ach das geht bestimmt schneller. Tja, weit gefehlt. Heute stehen wir eigentlich noch schlechter dar, als letztes Jahr, denn wir haben schon ein Jahr hinter uns und keine Aussicht auf ein Ende. Wir tragen die Verantwortung für die Kinder, für uns selbst, für unsere Mitmenschen und müssen uns nach wie vor unfassbar einschränken. Dieses Einschränken schraubt sich immer mehr herauf, das eigene Leben steht immer mehr auf Halde. So lässt es sich wohl zusammen fassen. Es ist nicht so schwarz weiß, das sicher nicht. Wir haben es gut auf unserem kleinen Stern, unserem Familienstern. Aber wir dürfen dabei nicht nach außen blicken. Wir dürfen nicht darüber nachdenken, was unsere Kinder wohl tun würden, wären sie frei. Freiheit, die hat man immer so selbstverständlich hingenommen. Die war halt da. Krieg, Einschränkungen, Entbehrungen. Das war alles weit weg. Lehre Worthülsen sozusagen. Vom Krieg sind wir hoffentlich noch weit entfernt, aber die anderen Worthülsen haben wir nun mit Leben gefüllt und unsere Kinder und uns auf eine Art einschränken müssen, die wir nicht für möglich hielten. Zahlen bestimmen unseren Alltag. Fallzahlen, Inzidenzwerte, Todeszahlen, Reprodukitonszahlen. Immer wieder bange Blicke in die Tabellen. Das ist schon harter Tobak, den man da gerade annehmen muss, ob man das nun will oder nicht. Da fragt einen keiner nach. Ging den Menschen auf der Titanic auch nicht anders, auch wenn der Vergleich natürlich ein wenig hinkt. Man könnte Titanic durch Tsunami ersetzen, aber das trifft es auch nicht, denn nichts davon ist schließlich global. 

Ja und so lebt man also den Familienalltag und versucht bei sich zu bleiben und die neuen Rückschläge gut zu verpacken und das Beste daraus zu machen. Gestern habe ich vor der Kieferorthopädin Zeit gehabt, eine Sprachnachricht zu hören und eine auf zu sprechen. Ich habe mit meinem Mann gestern die Serie weiter gesehen. Ich habe mit den Kindern gelacht. Auch habe ich mit Günne telefoniert. Wir sprachen darüber, wie zukünftig Familienseminare aussehen könnten. Wir haben uns ausgetauscht und in Erinnerungen geschwelgt. Schöne kleine Perlen auf meiner Schnur des Tages. 

Heute bin ich neu aufgestanden und habe mich geduscht und angezogen. Dann habe ich mir den kleinen König geschnappt und bin mit ihm ohne das Babymädchen oder ein anderes Kind zum Kinderarzt gefahren. Caspar brauchte die zweite PENTAVAC Impfung und somit war es dran. Gut gelaunt bin ich nicht los gefahren. Ich bin noch nie gerne mit einem gesunden Kind zum Kinderarzt gefahren. Aber jetzt mag ich es gar nicht. Da habe ich Angst. Da ist die Bedrohung so real. Stellen muss ich mich dem dennoch und deswegen bin ich los gefahren und haben nicht den Ehemann vorgeschickt. Das hilft mir auch nicht. Immer schön weiter, Schritt für Schritt und schön bedacht.

Ich warte lange, aber im Behandlungszimmer. Wir öffnen das Fenster und schauen den Kindern zu, die in den Kindergarten gehen. Da kommen Eltern mit Maske und bringen ihre Kinder weg. Erzieherinnen kommen und nehmen ohne Maske ein Kind in Empfang. Oft schaffen sie den Weg nicht zurück in die Gruppe und haben mehrere Kinder bei sic, wenn sie das nächste Kind in Empfang nehmen. Da ist ein kleines auf dem Arm und man beugt sich mit dem eben runter zum Nächsten und so weiter. Das ist Corona conform? Das habe ich im Waldorfkindergarten so kein einziges Mal erlebt und ich bin heilfroh, das ich dort mein Kind nicht abgeben muss. Da kommt dann noch die Mama, die den großen Bruder in den Kindergarten bringt und dabei das Kleinste noch eben zeigt. Uff. Ich will das gar nicht sehen müssen. Ehrlich nicht. 

Da nehme ich mir lieber den kleinen Caspar und wir beobachten die Hummeln und die Vögel. Wir lachen zusammen. Das ist es, was trägt. Lieber nicht auf das schauen, was da vor der Nase los ist. Auf sich schauen und seinen Weg gehen, was anderes geht nicht. 

Die Ärztin kommt und fragt nur aus der Ferne, ob alles gut ist. Ja ist es. Sie untersucht nicht und ich hätte sie auch nicht gelassen. Sie soll nicht nahe an mein gesundes Kind kommen. Macht sie auch nicht. Wir reden noch kurz über die Situation jetzt. Es sind viele Infekte in der Praxis. Immer ein Corona Test. Die Kindergruppen durften sich mischen, da werden wieder alle krank. Das ist nicht gut gerade. Volle Praxen und viele Abstriche. Manchmal positive. Nun bekommt der kleine König seine Impfung. In den Arm und wir machen das zusammen. Ich habe ihn auf dem Arm, sage ihm was passiert und alles ist gut. Er schimpft nicht mal. Wir ziehen uns an und gehen Brötchen holen. Danach frühstücken wir Zuhause. Heute bin seid 28 Jahren mit dem Ehemann zusammen. Huch. Wo sind die Jahre nur hin. 

Ruhig ist es zuhause nicht. Der Fünftklässler hatte schon mit dem Papa gelernt und die zwei sind sich nicht ganz grün. Sie sind ungeduldig miteinander und nicht so gut zufrieden. Auch nachher ist das Lernen nicht harmonisch. Ich kann es nicht einfach beim Ehemann lassen, denn ich habe mich mit den Kindern eingelebt und er weiß zu wenig. Ich muss also schauen. Das bekommen wir aber hin. Nebenher backe ich den ersten Rhabarber Kuchen des Jahres mit den Rhabarber aus dem Supermarkt. Aber egal. Wir freuen uns. 

Ich schreibe mit Freundinnen. Wir alle sind am Limit. Es ist niemand mehr, der fröhlich schreibt, ach komm, wir schaffen das. Nun gelten neue Einschränkungen. Einen kompletten Lockdown über Ostern. Wir dürfen an Gründonnerstag nicht einkaufen. Nur Samstag und nur eingeschränkt. Wieder müssen wir Familien es irgendwie stemmen. Der Alltag wird immer schwerer und schwerer und es kümmert keinen. Das muss halt irgendwie. Ich muss noch Frisches kaufen gehen an einem Samstag, an dem alle einkaufen, die mittwochs nicht gehen konnten und wer kauft schon für so viele Tage ein. Wir müssen umüberlegen, müssen anders einkaufen. Das kostet Kraft und Zeit. Ich bin es leid. Bin dessen so müde. Schon wieder werde ich mehr belastet. 

Dazu der Osterbesuch der Großeltern. Das Fest soll bei uns stattfinden. Wie auch schon Weihnachten. Die Großeltern kommen kurz zu Besuch. Nun war die Idee, das auch noch mit einem Schnelltest zu versehen. Ja, kann ich verstehen. Der Ansatz ist gut. Aber ich komme nicht einfach an einen Schnelltest heran. Den muss ich kaufen, wenn es denn einen gibt. Ich werde sicher nicht mit allen Kindern einen Termin zum freien Test machen und ich werde sicher nicht hier alle testen. Wir leben hier so eingeschränkt, wie es eben geht. Das muss für den Augenblick genügen. Ich werde nicht das Thema Corona auch noch an Ostern dazu holen, wenn es nicht unbedingt sein muss und das hoffe ich nicht. Wir verbringen unser Fest zuhause in unserem Kreis. 

Nun ist eine kurze Pause gewesen. Aurelia ist schon wieder wach, was eigentlich zu früh ist. Gleich gehen wir ein wenig in den Wald und nehmen den Rhabarber Kuchen einfach mit. Wir zeigen dem Papa, der heute auch wieder ganz schön Schmerzen hat, mal den Wald, in dem wir so gerne sind. Sogar Elisa kommt mit. Wie schön. 

Die Großfamilienmama 


Die Kaffeekasse


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